Nach über fünf Jahren Pause kehrt die Formel 1 am kommenden Wochenende an den Shanghai International Circuit für den Großen Preis von China zurück. Beim langersehnten Comeback in der Volksrepublik wird das überarbeitete Sprint-Format der Formel-1-Saison 2024 seine Premiere feiern. Nach dem ersten und einzigen Training folgt noch am Freitag das Qualifying für den Sprint. Der Sprint, sowie das Qualifying für das Hauptrennen werden am Samstag ausgetragen. Am Sonntag findet wie gewohnt das Rennen statt.

Premieren-Sprint bei China-Comeback? Nicht die schlauste Idee

Dass die Formel 1 nach jahrelanger Pause beim Comeback in China direkt mit einem Sprint-Wochenende an den Start gehen wird, stößt bei den Fahrern aus mehreren Gründen auf Kritik. Da wäre zunächst die mangelnde Trainingszeit.

Durch das Sprint-Format haben die Fahrer und Teams insgesamt zwei Stunden weniger Zeit, sich an die Strecke zu gewöhnen. Problematisch ist das vor allem deshalb, weil keines der Teams und keiner der Fahrer mit den Ground-Effekt-Autos bisher in Shanghai gefahren ist. Daten und Erfahrungswerte der letzten Rennen in China haben nur äußerst begrenzte Aussagekraft.

"Es ist sehr schlau das zu machen", antwortete Max Verstappen daher zunächst sarkastisch auf die Frage nach der Sinnhaftigkeit eines Sprints in China. Danach wurde der Weltmeister allerdings ernster. "Ich würde sagen, es ist nicht großartig. Wenn man eine Weile nicht mehr an einer Strecke war, weiß man nie, was einen erwartet", erklärte Verstappen. "Es wäre besser gewesen, ein normales Rennwochenende zu haben. Ich halte es nicht für die schlauste Idee."

"Wir haben das im Fahrerbriefing der FIA und der Formel 1 mitgeteilt, dass es mit dieser Art von Autos keine gute Entscheidung ist, nach einer Abwesenheit von vier oder fünf Jahren mit nur einer Stunde Vorbereitung, mit den Regeln, die sie uns auferlegt haben, mit dem Plankenverschleiß und solchen Dingen, und wie heikel eine Bodenwelle das Auto machen kann, direkt ins Qualifying zu starten", kritisierte auch Carlos Sainz die Ansetzung.

Unsicherheit über China-Strecke: Droht das nächste Planken-Problem?

Neben der mangelnden Vorbereitungszeit könnte in China ein weiteres Problem drohen. Das fünfte Rennen der Formel-1-Saison 2024 ist grundsätzlich eine Reise ins Ungewisse, vor allem aufgrund der Strecke. Der Shanghai International Circuit war bereits bei der letzten Ausgabe im Jahr 2019 durch zahlreiche harte Bodenwellen gekennzeichnet. Schuld waren und sind die geografischen Gegebenheiten, auf denen die Strecke erbaut ist. Das komplette Gelände wurde im Jahr 2003 in einem Sumpfgebiet errichtet. Fünf Jahre später haben sich die Streckenbedingung weiter verschlechtert und wurden nur vereinzelt ausgebessert. Erst 2025 soll eine vollständige Überarbeitung erfolgen.

Die unebene Strecke stellt die Teams für das Wochenende vor Setup-Probleme. Es gilt weiterhin der Grundsatz: Je tiefer ein Formel-1-Auto fährt, desto schneller ist es. Zu tief darf es, vor allem nach einer Regelanpassung nach der Saison 2022, allerdings auch nicht liegen. Um das zu überwachen, führt die FIA nach den Rennen Tests an den Planken durch, die sich unterhalb der Boliden befinden und den Unterboden vor Schäden durch die Strecke schützen.

Sollte diese Planke zu stark abgenutzt sein, weil sie sich während des Rennens zu nah am Boden befindet, wird ein Auto vom Rennen disqualifiziert. So geschehen beim Großen Preis der USA 2023. Nach dem Grand Prix wurden sowohl Lewis Hamilton als auch Charles Leclerc vom Rennen disqualifiziert, weil sich ihre Unterboden-Planke zu stark abgenutzt hatte. Auch der Circuit of the Americas ist für seine unebene Charakteristik bekannt, das Wochenende wurde damals ebenfalls im Sprint-Format abgehalten. Diesem Umstand gaben die Teams nach dem Rennen zumindest eine Teilschuld an der Disqualifikation. Mit mehr Trainingszeit hätte laut Ferrari und Mercedes ein besseres Setup und eine Disqualifikation vermieden werden können.

Für den diesjährigen China GP kommt hinzu, dass die Teams noch weniger wissen als über die Strecke in Texas. Vereinzelt wurden in Shanghai Bodenwellen abgeschliffen, auch die Curbs wurden ausgewechselt und die Strecke teilweise neu asphaltiert. Dennoch steht den schlauen Köpfen eine schwierige Aufgabe bevor. Mit nur einem Training Zeit müssen sie das bestmögliche und vor allem legale Setup finden. Immerhin können die Teams in dieser Saison, anders als 2023, nach dem Sprint noch einmal Änderungen am Setup vornehmen. Im Zweifel kann nach den Erkenntnissen des Sprintrennens bei der Bodenfreiheit also nochmal nachjustiert werden.

"Ich hoffe nur, dass es keine Probleme mit der Strecke, mit Abflusslöchern oder Ähnlichem gibt. Das würde uns nur aus dem Takt bringen", befürchtete Red-Bull-Fahrer Sergio Perez nach dem Japan GP. "Das zeigt einfach die Ungewissheit. Für euch daheim ist es vielleicht aufregend, aber für die Ingenieure und Fahrer ist es etwas, das wir meiner Meinung nach nicht riskieren und ein normales Wochenende haben sollten", pflichtete ihm Carlos Sainz bei.